ERZHERZOG LUDWIG SALVATOR Der Prinz des Mittelmeeres

LUDWIG - SALVATOR - GESELLSCHAFT

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HISTORISCHE BIOGRAFIE

„Ich zweifle nicht, dass dieses streng objektiv gehaltene Lebensbild in der litterarischen Welt gerne Aufnahme finden und dazu beitragen wird, die Verehrung und Popularität des Autors in immer weiteren Kreisen zu verbreiten.“                                                                                                             

Leo Woerl. Leipzig, im Juni 1899

 

 

Erzherzog Ludwig Salvator, ein Mitglied des österreichischen Herrscherhauses, welches durch nimmermüde ernste wissenschaftliche Thätigkeit und durch das glänzende Beispiel eines nur den hohen Zielen der Kultur, Wissenschaft und Kunst geweihten Lebens unter den Forschern sowie den naturhistorischen und ethnographischen Schriftstellern einen hervorragenden Rang einnimmt, wurde als dritter Sohn des Grossherzogs Leopold II. von Toscana am 4. August 1847 in Florenz geboren. Seine jüngst verstorbene Mutter war Erzherzogin Maria Antonia, Tochter Franz I., Königs beider Sicilien. Sie vermählte sich zu Neapel am 7. Juni 1833 mit Leopold II., Grossherzog von Toscana, der ihr am 29. Januar 1870 im Tode vorausging.

Die Häuser Lothringen und Toscana sind seit den Zeiten der Kaiserin Maria Theresia durch innige Beziehungen verknüpft. Hat doch Maria Theresia ihr Regierungswerk mit der Herrschaft über Toscana begonnen, indem ihr Gemahl Grossherzog Franz II. war. Nach Ferdinand III. am 18. Juni 1824 eingetretenem Tode folgte ihm sein Sohn Leopold II., der Vater unseres Erzherzogs Ludwig Salvator, auf dem Throne. Schon in seiner Jugend legt jener Fürst ein lebhaftes Interesse für die Physikalischen Wissenschaften sowie für die italienische Litteratur an den Tag und förderte dieselben in hervorragender Weise. In wirtschaftlicher Richtung dankte ihm Toscana die Einführung der Gewerbefreiheit und freien Konkurrenz, die Herabsetzung der Grundsteuern und vor allem aber eine ganze Reihe von grossen öffentlichen Arbeiten und Bauten, welche dadurch, dass sie ausgedehnte Landstrecken ungesunden Sumpfbodens der Kultur zuführten und bewohnbar machten, gleichwie die Erschliessung von Bergwerken, dem Lande für alle Zeiten neue und reiche Ertragsquellen sicherten.

Das toscanische Staatswesen war eines der vorzüglichsten, die es damals gab, trotzdem zog die Revolution 1848 und 49 auch über Toscana wie ein böser Traum, aus dem jedoch das Volk wieder zur Liebe seines mit väterlicher Fürsorge regierenden Herrschers erwachte. Noch durch ein Decennium regierte dann Leopold II., unablässig für das Wohl seines Landes wirkend, als die Ereignisse vom Jahre 1959 den für ihn verhängnisvollen Umsturz der bestehenden Verhältnisse in Italien herbeiführten. Und der nämliche Regent, dem Grossherzog Leopold das Leben gerettet, als die Flammen das Bettchen des zweijährigen Prinzen ergriffen hatten, zog nun in Toscana ein.

 

Am 21. Juli 1859 dankte Grossherzog Leopold, auf die Souveränitätsrechte verzichtend, zu Gunsten seines Sohnes, des Erbprinzen, ab, welcher als Grossherzog den Namen Ferdinand IV. annahm, und zog sich ins Privatleben auf sein Schloss Schlackenwerth in Böhmen zurück. Auf einer Reise erkrankte er 1869/70 in Rom, woselbst er starb und auch beigesetzt wurde. Grossherzogin Maria Antonia, die ihrem erlauchten Gemahl stets eine treue und an seiner wechselvollen Geschichte innig teilnehmende Gefährtin gewesen war, nahm ihren Witwensitz in Orth bei Gmunden, wo sie in stiller Zurückgezogenheit lebte und daselbst, 84 Jahre alt, am 8. November 1898 verschied. Ihre Leiche wurde in Wien in der Kapuzinergruft beigesetzt.
Die Grossherzogin hinterliess bei ihrem Tode von zehn der Ehe entsprossenen Kindern noch vier, nämlich nebst dem Grossherzog Ferdinand IV., dem Chef des Hauses, unseren Erzherzog Ludwig Salvator, und zwei Töchter, Erzherzogin Maria Isabella, Gräfin Trapani, seit September 1892 Witwe, und Erzherzogin Maria Louise, welche die Witwe des im April 1899 verstorbenen Fürsten zu IsenburgBirstein ist. Der jüngst Sohn, Erzherzog Johann (Johann Orth), ist seit 1890 als Seemann anlässlich einer Ozeanfahrt verschollen.
Mit großer Zuneigung hing die verstorbene Grossherzogin an Erzherzog Ludwig Salvator, dessen schriftstellerische Thätigkeit die hohe Frau mit grossem Interesse bis an ihr Lebensende verfolgte.

 

 

Im Jahre 1870 war es, dass sich die Aufmerksamkeit der Bevölkerung von Prag dem damals kaum 23jährigen Prinzen Ludwig Salvator in ungewöhnlichem Masse zuwandte. Ohne besondere Neigung für den militärischen Beruf, hatte derselbe bis dahin ausschliesslich seinen Studien gelebt und war eben der böhmischen Statthalterei zugeteilt worden, um den Geist und die Formen der politischen Administration eines grossen Kronlandes kennen zu lernen. Mit grossem Eifer fügte sich der lernbegierige Erzherzog der ihm gewordenen Aufgabe, und mögen ihn auch die krausen Pfade bureaukratischer Geschäftsordnungen hie und da befremdet haben, so rühmten doch selbst die gewiegtesten Räte der Statthalterei die Schärfe, mit welcher der Prinz jedwede Angelegenheit zu prüfen, in ihre Elemente zu zerlegen und aus den Details und dem Nebensächlichen die eigentliche Hauptfrage loszulösen wusste. Das war wohl das erfreuliche Ergebnis einer glücklich geleiteten, sehr gründlichen Erziehung und einer strengen Disziplinierung bedeutender natürlicher Anlagen.

Ludwig Salvator überraschte alle, die ihm nahezutreten die Ehre hatten, durch das hohe Mass solcher Disziplinierung; dieser ist es hauptsächlich zu danken, dass der Prinz schon in frühen Jahren mit männlichem Ernste eigene, selbstgewählte Bahnen erfolgreich beschritt. Das Gesamtgebiet der Naturwissenschaften war die Domäne seiner Studien geworden, und wenn auch der Prinz bald die eine, bald die andere jener Disziplinen zu bevorzugen schien, so war es doch immer ein gewaltiger Zug nach Erkenntnis der Natur und der Gesamtheit ihrer Erscheinungen, welcher dessen vielseitige Studien beherrschte. Eifrig suchte der Erzherzog allenthalben systematische Belehrung und in einem Alter, in dem der Unterricht durch Lehrer namentlich bei Prinzen gewöhnlich schon abgeschlossen zu sein pflegt, empfing derselbe die bedeutendsten Fachgelehrten Prags zu regelmässigen Vorträgen.
Ausser den Hauptdisziplinen gelangten allmählich auch jene Hilfswissenschaften, welche die Naturerkenntnis zu fördern vermögen, in den Studienkreis; auch ist bekannt, dass der Erzherzog ausser den klassischen noch die bedeutendsten modernen Sprachen ebenso wie das arabische Idiom vollständig beherrscht, dass er ein äusserst geschickter Zeichner und Maler ist und dass er sich auch als tüchtiger Seemann erwiesen hat. So war der Prinz ganz besonders zum Forschungsreisenden prädestiniert.

Es ist begreiflich, dass eine solche Lebensrichtung den erlauchten Fürsten zu einer Lebensführung drängte, die eben keine gewöhnliche erscheint. Auch zu Prag begegnete man bei demselben zahlreichen Repräsentanten der Geistes und Geburtsaristokratie Böhmens. Als später die politischen Verhältnisse die Verwendung von Erzherzögen im zivilen Staatsdienst kaum gewärtigen liessen, zog Ludwig Salvator nach der stillen Bucht, von Muggia, wo er sich in seiner sehr einsamen, anspruchslosen Villa niederliess, welche aber gewissermassen nur als dessen Absteigequartier gelten mochte, indem das eigentliche Heim dieses Seemanns die schöne „Nixe“ war, eine vortreffliche Dampfyacht, auf welcher der Erzherzog bis zu ihrem Versinken unweit Algier den grössten Teil seiner Tage verbrachte. Alljährlich besuchte der Prinz Ihre Majestäten den Kaiser und die Kaiserin, seine edle Mutter, sowie seine erlauchten Geschwister; sonst beschränkte wohl der Beruf des Forschers und Gelehrten den persönlichen Verkehr mit heimatlichen Kreisen auf nur flüchtige Begegnungen. Bedeutende staatliche oder Familienfeste lassen jedoch den Erzherzog von was immer für einer Entfernung nach der Heimat eilen, und so hatte auch Ungarn Gelegenheit, denselben während der Millenniumsfeierlichkeiten in der Hauptstadt ehrfurchtsvoll zu begrüssen.

Mit Vorliebe weilt der im sonnigen Florenz geborene Prinz im warmen, goldigen Süden, und so kam es, dass derselbe in den letzten dreissig Jahren häufig auf den Balearen lebte, woselbst er gleichfalls begütert ist. Ein sehr zurückgezogenes, streng geregeltes Leben schafft die Zeit für umfassende Studien und grossangelegte Arbeiten, wie für die Korrespondenz des Erzherzogs, welcher mit den bedeutendsten Gelehrten aller Völker in mitunter sehr regem Verkehr steht. Lärmenden Vergnügungen ist der Prinz wenig geneigt; auch in den reisefreien Monaten genügt der Erholung eine kurze Seefahrt, ein Ritt oder eine längere Promenade in selbstgepflegten Gärten oder in wenig besuchten Landschaften; nach Sonnenuntergang verlässt derselbe nur selten sein Haus oder Schiff.

Seine religiöse Anlage und die Anhänglichkeit an seinen Glauben bethätigt der Erzherzog durch häufigen Besuch des Gottesdienstes und durch die wohlbekannte Thatsache, dass der Prinz, wo immer er auf seinen Reisen das Land betritt, seine Schritte dem nächsten Gotteshause zulenkt. Mehr als diese äusseren Momente beweisen aber die ausserordentliche Güte und Milde des Erzherzogs, seine ungewöhnliche Wohlthätigkeit und das warme werkthätige Interesse für die Leiden und Sorgen der Menschheit wie der einzelnen Individuen, den veredelnden Einfluss echter Religiosität auf eine Lebensrichtung, die so manche Gelehrte der Einseitigkeit und einer Isolierung entgegenführt, in welcher allmählich jedes Mitgefühl für andere verwelkt.

 

 

Der hohe Herr ist ungemein leutselig und liebenswürdig in seinem Umgang und steht in grosser Verehrung bei allen denen, welche das Glück geniessen, ihn zu kennen. Denn wer ihm jemals in freundschaftlicher Weise näher treten durfte, dem bleibt er ein edler Gönner und bewahrt demselben ein wohlwollendes Erinnern. Ganz besonders ist es aber das Inselvolk der Balearen, wo er auf seiner Besitzung so oft und gerne weilt, welches die höchste Liebe und Zuneigung ihm entgegenbringt. Dafür thut er auch alles für das Ländchen, was nur in seiner Macht steht, und kein Reisender geht vorüber, ohne ihn als geistreichen, menschenfreundlichen und liebenwürdigen Wirt kennen zu lernen. Für seine Untergebenen sorgt er in väterlicher Weise, seine Schiffsmannschaft, die ihn überallhin begleitet und von denen die meisten schon viele Jahre in seinen Diensten stehen, bildet gleichsam seine Familie, und alle bezeigen ihm eine ausserordentliche Anhänglichkeit und Treue.

Charakteristisch für den Erzherzog ist folgender kleiner Vorgang vom 12. Oktober 1896, der auch den Weg in die Tagesblätter fand. In Ragusa sah man während einer Woche täglich zwei Schiffsleute mit Körben, in denen sich Viktualien befanden, den Weg nach Gravosa wandern. Mit ihnen ging ein etwa fünfzigjähriger Herr. In der Vorstadt Pile nahmen sie einen Wagen. Die Schiffsleute setzten sich in den Wagen, der Herr nahm neben dem Kutscher Platz, und so ging es nach Gravosa. Dieser Herr, welcher täglich in der Stadt Einkäufe machte, war Erzherzog Ludwig Salvator. Derselbe kam nach Gravosa mit seiner Yacht „Nixe“ und hielt sich dort im strengsten Inkognito auf. Der Prinz liebt solche Ausflüge, bei denen er, aller konventio-nellen Rücksichten seiner hohen Stellung ledig, sich frei bewegen kann. Der Hafenkapitän von Gravosa hörte, wie man sich in Ragusa von der Anwesenheit eines Mitglieds des Kaiserhauses erzählte und er kam auf die Yacht, ums ich dem Erzherzog zur Verfügung zu stellen. Auf dem Schiffe traf er denselben Herrn, der immer mit den Schiffsleuten einkaufen ging, aber so gekleidet war wie alle Übrigen.“ Wo finde ich den Kapitän?“ fragte ihn der Hafenkapitän. „Der bin ich selber.“ „Ich höre, dass sich auf dem Schiffe eine hohe Persönlichkeit befinde?“ „Das ist nicht richtig, denn wir sind hier alle gleich“, war die lakonische Antwort, durch welche der KapitänErzherzog, jede weitere Konversation abschneidend, deutlich zu erkennen gab, dass er sein Inkognito gewahrt wissen wolle. 

Schon die Thatsache, dass ein Prinz (Erzherzog Ludwig Salvator ist k. k. Oberst und Inhaber des Regiments No. 58, Ritter des österreichischen Ordens vom Goldenen Vliess u.s.w.), den Glanz, Ehren und Reichtum zu heiterem Lebensgenuss verlocken, die schwierigen Pfade der Wissenschaft wählt und sich selbstlos in den Dienst der Menschheit stellt, giebt den weitesten Kreisen ein erhebendes, veredelndes Beispiel.

Ein wesentliches Kriterium des wirklichen Gelehrtenberufes ist die Bescheidenheit und die Nüchternheit, welche äussere Erfolge nicht überschätzt und die Ausfüllung auch kleinerer Lücken unserer Weltkenntnis nicht unterschätzt. Wir leben inmitten einer Kulturepoche, die wie keine je zuvor zahllose Veränderungen in eilender Folge hervorruft. Neue Ideen begeistern und erregen die Menschheit; neue See und Landwege, wunderbare Verkehrsmittel schaffen den Fluktuationen des Völkerlebens neue Bahnen, und epoche-machende Erfindungen befruchten alle menschliche Thätigkeit: ganze Erdteile erblühen und die Wüsten-eien der alten und neuen Welt weckt der gellende Pfiff der Lokomotive aus vieltausenjährigem Schlafe. Kein Klima und keine Gefahren schrecken den Trieb der Kulturvölker nach der Heimat minder thätiger Menschen; überallhin eilen Gelehrte, um noch nicht oder nur ganz wenig gekannte Teile der Erde zu erforschen und dem Triumphzuge unserer Kultur und Gesittung die Pfade zu ebnen, während bisher minder beachtete, unterschätzte Völker zu gewaltigen Eingriffen in die Weltgeschichte erstarken. Kein Tag versinkt im Strome der Zeiten, der das Antlitz der Erde nicht verändert und dem Bilde der Menschheit nicht neue Züge einprägt!

 

 

In dieser merkwürdigen Zeit bemerken wir aber auch das Hinsterben ganzer Rassen, sehen, wie sich tiefgehende Veränderungen im politischen und sozialen Gefüge der Menschheit vorbereiten, wie historische Staatengebilde wanken, wie altererbte Anschauungen, Sitten und Gebräuche dahinschwinden, wie die Lebensführung der Menschen allmählich eine andere wird und wie neue Bedürfnisse das geistige Leben und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Völker gleichwie der Einzelnen allenthalben beeinflussen. Selbst auf den einsamen, dem Weltverkehr entrückten Eilanden, welche der Erzherzog mit Vorliebe aufsuchte, beginnt die neue Zeit mächtig ihre Einwirkungen auf die Bevölkerung zu äussern.

Ein überaus verdienstliches Streben ist es daher, durch erschöpfende Monographien die gesamten Verhältnisse einzelner Land und Völkereinheiten in anschaulicher Weise festzuhalten, zu buchen und damit zu retten, was an altererbtem Besitze noch vorhanden ist. Die Ahnung einer neuen Zeit weckt und unterstützt allenthalben das Bedürfnis und den Trieb, derlei monumentale Werke zu schaffen. Wohl einer der vornehmsten Repräsentanten dieser Richtung ist Erzherzog Ludwig Salvator, welche diese edle Aufgabe nicht nur in vorzüglicher Art, sondern auch mit grosser Wärme und Liebe, wohl auch mit grossem Aufwand gelöst hat.

Er ist gewissermassen der Forscher und Beschreiber von vielen hervorragenden Punkten des Adriatischen und Mittelländischen Meeres. Eine stattliche Reihe von hochinteressanten Werken hat der illustre Autor verfasst und eine so reiche, erschöpfende Schilderung geliefert, zu der man vergeblich ein so farbenreiches Gegenstück in der Länder und Völkerkunde suchen dürfte. Mit einer grossen Neigung zur Natur und mit einem Verständnis ihrer Schönheiten verbindet der Erzherzog eine beinahe ängstlich behütete Objektivität, eine peinliche, das Einzelne und Kleinste nicht verschmähende Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit. Um keine Quelle der Belehrung zu vernachlässigen sucht der hohe Reisende das gemeine Volk in der Landestracht auf, damit er unbefangen als einer der Ihrigen betrachtet werde, aus eignem Augenschein seine Beobachtungen über Charakter und Volkstypen zu machen vermag, überall mit sympathischem Blick urteilend. Stets begleiten ihn auf seinen grösseren und kleineren Ausflügen und Spaziergängen Mappe und Bleistift, um als gewandter und scharf auffassender Zeichner das Wahrgenommene auch artistisch sofort auf dem Papiere festzuhalten.

So entstanden seine Werke in engster Verbindung zwischen Wort und Bild, wie sie eben nur langer Aufenthalt an Ort und Stelle und Begeisterung für eine Sache, die man sich als ernste Lebensaufgabe gestellt hat, schaffen kann. Bewundernswert ist das Verständnis und das künstlerische Feingefühl, womit der Verfasser seine Typen zu wählen weiss, nicht minder aber die Liebe und Gewissenhaftigkeit, mit welcher das Geschaute und Empfundene wiedergegeben wird. Es liegt eine Beredsamkeit in diesen klaren plastischen Bildern, die fast mehr wirkt, als das geschriebene Wort, gleichviel ob es sich um Menschen, Tiere Landschaften oder um Architektur handelt; alles ist meisterhaft aufgefasst und ebenso wiedergegeben. Sämtliche Werke enthalten Abbildungen von überraschender Fülle und tadellose, zum Teil künstlerisch fein ausgeführte Holzschnitte. Die beigegebenen Pläne und Karten wurden ebenfalls vom Verfasser selbst nach eignen Aufnahmen und Sondierungen verfertigt.

Als junger vierundzwanzigjähriger Prinz machte der Erzherzog bereits seinen ersten litterarischen Versuch mit der Arbeit „Zur Heimatkunde“, herausgegeben in Jahre 1870, in der er, wie er selbst betont, einen kleinen Beitrag zur besseren Kenntnis eines der kleinsten, aber nicht unbedeutendsten Winkel der Monarchie bot, nämlich zur Kenntnis des Golfes von Buccari und Porto Rè, nicht weit von Fiume am Adriatischen Meere. Nachdem der erste Flug gelungen, streckte Ludwig Salvator die Fühler weiter aus. Von Alexandrien unternahm er 1874 eine Fahrt bis Kap Bon an der afrikanischen Küste und schilderte dann einfach und schlicht, aber in anziehender Weise Gesehenes und Erlebtes in der Schrift: „Eine Yachtreise an den Küsten von Tripolitanien und Tunesien.“ Im Jahre 1876 unternahm derselbe eine Reise nach Kalifornien, um Land und Leute kennen zu lernen, und verfolgte zugleich praktische und humanitäre Absichten: er wollte den eines milden Klimas Bedürftigen ein Land erschliessen, welches Fruchtbarkeit des Bodens und Leichtigkeit jedweder industriellen Entwicklung mit Gesundheit des Klimas verbindet; ein Land wo die Rauhheit des Winters wie die Hitze des Sommers gleichmässig unbekannt sind. Dies fand er in einem gesegneten Winkel Kaliforniens und veröffentlichte zu Nutz und Frommen aller die Schrift: „Los Angeles in Südkalifornien. Eine Blume aus dem goldenen Lande“. Ein weiteres Werk trägt den Titel „Rund um die Erde ohne es zu wollen“. Der Erzherzog hatte nämlich ursprünglich die Absicht gehabt, die Ausstellung in Melbourne zu besuchen und gleichzeitig einen Blick auf die verschiedenen Kolonien Australiens zu werfen. Hierauf dachte er direkt zurückzukehren. Aber es traten Verhältnisse ein, die ihn zwangen, den Rückweg über Amerika einzuschlagen, und so fuhr er denn „ohne zu wollen“, um den Erdball Im Jahre 1890 veröffentlichte der Erzherzog noch eine kleine reizende Reiseskizze über Helgoland.
Aber alle die zahlreichen Schriften, die wir hier erwähnten, waren nur Vorbereitungen für Bedeutenderes: Der Prinz wollte erst sondieren und seine Kräfte prüfen, ehe er Grösseres wagte.

 

 

In stiller Zurückgezogenheit in seiner Villa Zindis unweit San Rocco am Golf von Triest und auf seinem andren Heim, der schönen Dampfyacht „Nixe“, aber nicht in hermetischer Abgeschlossenheit, sondern immer in Berührung mit der Welt der Gelehrten, lag er unausgesetzt mit regem Eifer den Wissenschaften ob, sich immer mehr in sie vertiefend und sie beherrschend, dabei in weiser Ökonomie auf streng begrenztem Gebiete sich beschränkend und hier den Meister zeigend.

Ludwig Salvator trat nunmehr mit drei grösseren umfangreichen Werken hervor: „Eine Spazierfahrt im Golf von Korinth“, „Paxos und Antipaxos“, vor allem aber mit dem mehrere Folianten umfassenden, mit zahlreichen farbigen Illustrationen geschmückten Prachtwerke „Die Balearen“, welches allein einen Zeitaufwand von einer langen Reihe von Jahren erforderte. Einen reizenden Beitrag zu dem Studium des Volkstums auf der letztgenannten Inselgruppe giebt der fürstliche Reisende in seinen „Märchen aus Mallorca“. Während er sich mit seinen Schilderungen der Balearen beschäftigte und zu diesem Behufe ab und zu dahinfuhr, hielt er sich zu wiederholten Malen bei den Liparischen Inseln im Tyrrhenischen Meere, nördlich von Sicilien gelegen, auf. Auf diese Weise entstand 189394 sein neues Werk „Die Liparischen Inseln“, welches sich würdig den Balearen anschließt. Eine weitere kleinere, aber sehr beachtenswerte Schrift ist „Bizerta“ (Benzert), eine Hafenstadt Tunesiens, ferner eine Mongraphie über den anmutigsten Punkt des südlichen Dalmatiens, „Cannosa“. Auch hier wie in allen seinen Werken gesellt sich zum Gelehrten und Forscher in ebenbürtiger Weise der poetisch angelegte Schriftsteller und Künstler.

Mit Stolz und Genugthuung darf Erzherzog Ludwig Salvator auf seine mehr als fünfundzwanzigjährige schriftstellerische und wissenschaftliche Thätigkeit zurückblicken; denn seine ausserordentlich gediegenen und schönen Werke haben die Aufmerksamkeit weiter Kreise auf den erlauchten Autor gelenkt. Es sind nicht formelle Ehrungen, welche demselben von zahlreichen wissenschaftlichen Institutionen zu teil wurden, sondern wohlverdiente Anerkennungen für ernste, gediegene Bestrebungen und Leistungen. So hat auch Wien den erhabenen Sprossen seines Herrscherhauses geehrt, indem die Kaiserliche Akademie der Wissenschaften ihn im Jahre 1889 zum Ehrenmitglied ernannte und die Geographische Gesellschaft ihm am 16. Dezember 1898 für seine hervorragenden Verdienste auf dem Gebiete der geographischen Forschung die HauerMedaille verlieh. Ebenso hat die Geographische Gesellschaft in Lima (Peru) den erlauchten Autor zu ihrem Ehrenmitglied erkoren.

Die Frage liegt hier nahe, welches denn die Resultate dieses nur Studien und Forschungen gewidmeten Lebens sind ? Die Beantwortung dieser Frage liefern am besten und sichersten dessen Werke. Um die Bedeutung derselben einigermassen zu veranschaulichen, bieten wir in nachstehenden Blättern eine Übersicht über jede seiner Publikationen und wörtliche Auszüge aus denselben, denn das herrlichste Lebensbild des Autors tritt uns vor Augen, indem wir seine eignen Worte wiedergeben.