ERZHERZOG LUDWIG SALVATOR Der Prinz des Mittelmeeres

LUDWIG - SALVATOR - GESELLSCHAFT

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Sommerträumereien am Meeresufer

Druck und Verlag:    Woerl’s Reisebücher-Verlag , Leipzig
Erschienen:                 1912

Quart, VI, 69 Seiten.

„An diesem Ufer (Anm: Nordwestküste Mallorcas zwischen Valldemossa und Deya), schön unter den schönsten des Mittelmeeres, entstanden diese Träumereien; es ist kein Buch, es sind nur lose, wertlose Blätter, wie sie unter dem momentanen Eindruck niedergeschrieben wurden und ohne Zusammenhang zusammengeheftet erscheinen. Viele werden sie mit einem höhnischen Lächeln wegwerfen, manche feinfühlende Seele wird aber dadurch vielleicht zu ähnlichen Träumereien verlockt und dann werden sie ihren Zweck erfüllt haben.“ (Aus Vorwort Ludwig Salvator). Im selben Jahr auch als mallorquinische Ausgabe mit dem Titel „Somnis d´estiu ran de mar“ erschienen.

 

BUCHBESPRECHUNG IN DER „BRIONI-INSELZEITUNG“ VOM 17.3.1912:

Unter den Prinzen von Geblüt, die dem inneren Drange folgend, ungeachtet traditionellen Brauches, das Schwert mit der Feder vertauscht und ganz der Wissenschaft hingegeben, den ihnen vom Schick-
sal geebneten Weg verlassen und jenen schweren, abseits liegenden des rein geistigen Strebens freiwillig gewählt haben, muß Erzherzog Ludwig Salvator an erster Stelle genannt werden. Ganz entrückt dem Treiben des Alltags, hat dieser Prinz in seinem an Arbeit so rei­chen Leben eine lange Reihe von Wer­ken geschaffen, eine Reihe von »standard-works«, die unverlierbares Gut der wissenschaftlichen Literatur geworden find.

Das Mittelmeer, seine herrlichen Gestade und die wundersamen Zauber seiner Weiten, haben in Erzherzog Ludwig Salvator einen Forscher und begeisterten Lobsänger gefunden, wie er keinem zweiten Meere beschieden wurde. In seinen Büchern, die insgesamt eine kleine Bibliothek ausmachen, bat er alle irgend­wie bemerkenswerten Punkte dieses Meeres beschrieben und in wissenschaftlichen Untersuchungen, die von tiefer Gründlichkeit sind, dabei aber eine seltsam fesselnde, literarisch wertvolle Form aufweisen, der See- und Länderkunde höchst bedeutendes Studienmaterial er-
schlosen, ja wiederholt bisher Unbekann­tes aufgedeckt und die Wissenschaft in einem Ausmaße bereichert, das dem Namen des gelehrten Prinzen, auch ohne Rücksicht auf feine durch Geburt bedingte Ausnahmestellung, ein Ehrenplatz in der Geschichte der Länder-, Völker- und Seekunde eingeräumt werden muß.

Aber nicht nur der strenge Forscher ist es, den uns die Werke Erzherzog Ludwig Salvators vermitteln: der große Reichtum an wortbildlicher Schönheit und innerer Symbolik, die meisterliche Sprache und der seelisch emporhebende Inhalt seiner Werke zeigen uns diesen Prinzen, als Poeten, der die seltene Kunst, mit einfachen Mitteln den Leser zu ergreifen, mit ebenso seltener Fähig­keit meistert. Das soeben erschienene Buch Erzherzog Ludwig Salvators „Som­merträumereien am Meeresufer« zeigt uns neuerlich, wie reich und abgeklärt das Innenleben dieses Gelehrten ist, wie mit den vorrückenden Jahren seine Na­turbetrachtung immer mehr im Seelischen ihren Wiederschein findet und sein gan­zes Denken und Fühlen in der Natur, der von ihm so heißgeliebten, aufgeht.

Besser, denn alle Worte, sind die kurzen Proben, die wir nachfolgen lassen:

Diefe »Sommerträumereien« möchte ich einem jeden in die Hand legen, dessen  Herz den Wun=
dern des Kosmos entgegenschlägt, der die Natur liebt und ihre Stimme zu hören vermag. Aus den Seiten diefes Büchleins fpricht ein wahrhaft berufener Priester des Naturkultes zu unterer
Seele, und macht uns in unterem Innen­ leben klar, wie er es geworden, der stille Träumet und Denker im fernen, gottgesegneten Mallorca.

Aus dem Werke „Sommerträumereien am Meeresufer“ von Sr. k. u. k. Hoheit Erzherzog Lud­wig Salvator (Verlag von Heinrich Mercy Sohn. Prag).

„Das Meer und der Himmel sind so blau, so tief blau, daß sie sich miteinan­der zu vermengen scheinen und man sich von der Küste aus die Horizontlinie ziehen muß, um zu erkennen, wie hoch das Meer reicht. Nur an einer einzigen Stelle ein weißes Pünktchen; es ist ein Segel von irgend einem kleinen Küstenfahrer, sonst nichts, am weiten, breiten Horizont. Es scheint, als ob die Gegenwart der Menschen in dieser Ruhe der Natur mit dem fernen weißen Segel nicht störend wirken würde. Sie beherrscht diese nicht, sie ist nur eine weit unbedeutende Nebensache, gleich jenen vielen Menschen auf der Welt, die sich für wichtig erachten und doch un­bemerkt von der großen Menge dahin­ziehen, wie hier der einsame Segler. Je mehr man die Welt kennt, um so mehr überzeugt man sich, wie gering man ist, wenige hervorragende Menschen ausge­nommen, die eine tiefe Furche auf dem Weltmeer zurücklassen. Die Spur der meisten verschwindet mit derselben Raschheit, mit welcher eine Welle die andere treibt. Menschen, die in einem Lande als groß und hervorragend gelten, sind im anderen Lande ganz unbekannt und es gibt Menfchen, die töricht eitel sind, zu glauben, daß sich ein jeder mit ihnen beschäftige.

Auf der Höhe eines vorspringenden Felsens sitzt unweit von mir ein einsamer Spatz. Kein Vogel drückt in sei­nem Gesange die menschliche Stimmung so aus, wie dieser. Es liegt etwas Elegisches in seinem Gesange. Vielleicht trägt auch der Ort, die Stille des einsamen Felsenufers dazu bei. Das Gezwitscher
würde im Walde nicht diese Wirkung haben. Auf einsamen Felsenkanten sitzt der Vogel mutterseelenallein. Der steile Absturz wiederhallt weit und breit seine Stimme, denn in der Einsamkeit des Ortes verliert man nicht den Klang. An­fangs singt er leise, sehnsuchtsvoll, fast weinerlich, dann voll, helltönend. Dann und wann flattert er umher und kehrt wieder, wie durch einen unsichtbaren
Zauber an dieselbe Stelle gekettet. Sein rubinartiges Auge späht nach mancher Fliege, nach der er mit seltener Behen­digkeit schnappt. Dann erscheinen die Klänge, die von dem hohen Gesims er­tönen, wie verlorene Harfentöne und der Gesang fängt von neuem an, aber immer mit Variationen, mit Drohungen oder Abkürzungen der Modulation, als sollten sie verschiedene Nuancen seiner Stimmung darstellen. Manchmal steigt die Passion zum wahren Feuer und aus voller Kehle tönt die Melodie, so daß selbst die Krab­ben aus ihren Schlupfwinkeln heraus­ kriechen und vorsichtig zuhorchen.“