ERZHERZOG LUDWIG SALVATOR Der Prinz des Mittelmeeres

LUDWIG - SALVATOR - GESELLSCHAFT

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Levkosia, Hauptstadt von Cypern

Druck und Verlag:   Heinrich Mercy, Prag
Erschienen:                 1873

Quart. 89 Seiten. 12 Holzschnitt-Tafeln und 3 eingedruckte. Holzschnitte.

Farbenprächtige Schilderung der Hauptstadt der damals unter osmanischer Herrschaft befindlichen Insel Zypern. Das Werk erschien auch 1881 in London unter dem Titel „Levkosia – The Capital of Cyprus“ als englische Ausgabe in der Übersetzung von Chevalier Krapf Liverhoff.


AUS DER BIOGRAFIE LEO WOERLS MIT ORIGINALZITATEN: 

Die Insel Cypern im nordöstlichen Teile des Mittelländischen Meeres war schon im Altertum wegen ihres Reichtums hochgepriesen. Die alten Phönizier und Griechen kolonisierten die von der Natur reichgesegnete Insel. Sie kam hierauf unter die Oberherrschaft der Perser und Römer und wurde bei Einführung des Christentums eine der ersten Stätten, wo dasselbe festen Fuss fasste. Später stritten Araber, Byzantiner, Engländer und Italiener nacheinander um dieselbe, bis sie in den Besitz der Venezianer kam und 1570 von den Türken erobert wurde, welche sie 1878 an England abtraten. Diesen durch die Geschichte von Jahrtausenden hochinteressanten Boden hat Erzherzog Ludwig Salvator zum Gegenstand einer Reisekizze gemacht, die schon deswegen von hervorragender Bedeutung ist, weil derselbe die Hauptstadt Levkosia noch aus der Zeit der türkischen Herrschaft schildert. 

„In den Gegensätzen liegt das Anziehende Levkosias“, spricht der hohe Verfasser und charakterisiert vortrefflich in kurzen Worten den Eindruck, den damals die Stadt machte.

„Wenn man nach dem Ersteigen sanfter Hügelwellen Levkosia mit ihren schlanken Palmen und Minaretten und die malerische Gebirgskette in deren Hintergrunde auf der sonnenverbrannten Ebene von Cypern zum ersten Male auftauchen sieht, so glaubt man ein Bild aus Tausend und einer Nacht in Wirklichkeit vor Augen zu haben. Ein Juwel von Orangengärten und Palmenbäumen in der baumlosen Gegend, eine vermöge ihrer Wälle durch Menschenhand geschaffene Oase. Und so wie der Gegensatz zwischen Stadt und Umgebung scharf und grell hervortritt, ebenso macht sich auch der Geist des Widerspruches in der Stadt selbst geltend. Venetianische Festungswerke und gotische Bauten, die nun der Halbmond krönt, auf antikem, klassischen Boden; Türken, Griechen, Armenier bunt durcheinander gemengt, untereinander verfeindet, aber durch gemeinsame Lieb zu der nun allen gleich heimischen Scholle vereinigt.“ Wir entnehmen aus dem Werke, dass die Stadt Levkosia auf einer unbedeutenden Anhöhe in der Ebene von Messaria, 147 englische Fuss über dem Meere liegt; das Klima ist gesund, im Sommer sehr warm, im Winter fällt manchmal Schnee, doch schlagen im Februar schon die Mandeln aus und im März ist alles schön grün. Zwei Wasserleitungen liefern das Trinkwasser; die Stadt ist häufigen Erdbeben und Überschwemmungen durch den Fluss Pidias ausgesetzt.

Im Umkreis von drei Seemeilen ist die Stadt mit einer Mauer umgeben, welche 1567 von den Venetianern, die damals die Herren der Insel waren, errichtet wurde. Es treten 11 Bollwerke von verschiedener Grösse heraus, von Osten, Westen und Norden, führen drei Thore in die Stadt, welche nach Sonnenuntergang gesperrt, erst bei Sonnenaufgang wieder geöffnet werden und durch Kanonen geschützt sind. Von der Höhe des Walles oder der Mauer hat man einen herrlichen Ausblick über die gegenüberliegenden Ortschaften, das Gebirge mit dem hochthronenden Troodos; prächtig ist auch der Anblick der Stadt mit den zahllosen Palmen.
„Auf dem Wege nach Larnaka sieht man abends die Kamele still zur Skala wanden; einige kommen nur mühsam weiter, denn sie leiden an Krätze eine Krankheit, die auf Cypern grosse Verwüstungen angerichtet hat. Aber siehe da, welch schauderhafter Anblick! Lepröse Menschen schleppen sich zur Strasse um unter Wehklagen von den Vorübergehenden ein Almosen zu erbitten und sie flehen zu Gott um Linderung ihrer Qualen. Sie haben in dieser Gegend ihr Quartier aufgeschlagen, nachdem ihnen das Betreten der Stadt streng verboten wurde. Und dem grauenhaften Bilde dient als passende Umrahmung auf beiden Seiten der stillen Strasse, wo sich die leprösen Kranken und die krätzigen Kamele dahinschleppen, die verödete Ruhestätte der Türken.

Auf dem Thore von Paphos steht die gleichnamige Kaserne, ein ziemlich grosses Gebäude, in welchem 3-400 Soldaten untergebracht sind. Nach türkischer Art schlafen sie auf erhöhten Dallen mit Decken und Polster und am Ende des Saales haben sie die Waffen aufgestellt.“
„Eigentliche Stadtteile giebt es in Levkosia keine, dieselben unterscheiden sich lediglich nach ihrer Bevölkerung. Die Türken und Griechen haben getrennte Stadtteile, während die Armenier vielfach im türkischen Viertel wohnen. Es giebt wenig steinerne Häuser, die meisten werden aus Lehm gebaut, angeblich wegen der häufigen Erdbeben. Die türkischen Gebäude haben namentlich vortretende, vergitterte Kioske; die Hausthore zeigen alte, steinerne Spitzbogen und an den Thüren ist häufig ein hölzerner Halbmond oder Stern mit Drahtringen zum Einsetzen von Ölnäpfchen angebracht, um dieselben am Tage des Sultans und bei anderen festlichen Gelegenheiten anzünden zu können.“

Der hohe Verfasser entwirft ein anschauliches Bild eines türkischen Hauses und geht dann auf die Beschreibung der Moscheen und Heiligengräber über.

„Die Zierde der Stadt bildet die Hauptmoschee Ayia Sophia. Es ist der gotische dreischiffige Bau mit prächtigen Spitzbogenverzierungen und fast flachen Dachungen einer ehemaligen christlichen Kirche. Bei der Adaptierung derselben als Moschee, hat man, um die vom muselmännischen Ritus vorgeschriebene Richtung einzuhalten, alles von links nach rechts schief aufbauen müssen. Im rechten Arm ist der Mihrab und unweit davon der Mèm Ber; der von Cipollinsäulen getragene Mahfil steht in der Mitte. Es sind dies durchweg neue, hässliche, türkische Arbeiten. Von den beiden Minarets ertönen die melodischen Rufe der Muzzins. Man hat von der Terrasse eine reizende Aussicht auf die Stadt mit ihren zwölf Minaretten und auf das Gebirge. Nicht weit davon liegt die Haidar Paschà Djami si, einst eine Kirche der heiligen Caterina, mit einem hübschen gotischen Portal und Spitzbogengewölbe. Die Moschee Ermerghé Dhami si war ebenfalls eine gotische Kirche Sta. Nicoló. Die übrigen Moscheen Levkosias sind durchweg türkische Bauten ohne Bedeutung.

Unter den öffentlichen Bauten ist das Serai, die Wohnung des türkischen Gouverneurs, erwähnenswert. Interessant ist, wie der Erzherzog den Eingang beschreibt: „Ein Thor mit einem hässlichen Markuslöwen, an dessen Seite ein Grabmal und ein Palme zu sehen sind, führt durch einen von Spitzbogen getragenen Durchgang in den breiten Hof. Oberhalb dieses Thordurchganges ist ein Spitzbogenfenster, darunter ein Heiliger mit beschädigtem Mantel und zwei, ein schräg gestelltes Wappen tragende Löwen. Ein segnender Christus steht neben dem Thore. Einen Teil des Serais bilden die Gefängnisse, welche als Zentralgefängnis für die türkischen Besitzungen in Asien dienen.“

Nach den Aufzeichnungen seines Tagebuches schildert der Erzherzog einen Besuch bei dem türkischen Gouverneur und dem griechischen Erzbischof, dessen Palast er eingehend besichtigte. Schulen, Bäder, Gasthäuser und Versammlungslokale werden erwähnt und sodann die Bazare als Zentrum des Verkehrs geschildert. Die Bazare Levkosias sind meistens offen, lediglich mit Mappen und Leinwandfetzen gedeckt. Man zählt deren 23, und zwar hat jedes Gewerbe einen eignen Bazar, wo die Leute nicht bloss verkaufen, sondern auch arbeiten. Nach einer ergötzlichen Schilderung der Verkaufsgegenstände, die dort zu haben sind, fährt der Erzherzog fort:

„In allen diesen Bazars sieht man in den Vormittagsstunden mehr oder minder die bunteste Menge hin- und herströmen: farbig gekleidete Bauern, vornehme türkische Frauen, grossäugige Knaben; hier wandern Salepverkäufer, dort umherschwärmende Öl-, Salz- und Wasserverkäufer; weiter Bäcker, welche in ausgehöhlten Brettern Schwarzbrot transportieren und wandernde Bäckereiverkäufer; dann Menschen, welche so manchen besseren Fleischbissen anbieten und denselben an Feinschmecker anbringen wollen, dazu die verschiedenste Scenerie als Hintergrund und die fast unbeweglichen Gruppen der sesshaften Händler. Hie und da weht von einem Stab herab ein weisses Tuch, das charakteristische Aushängeschild der Barbiere, welche meistens Griechen sind; Türken sind dagegen die Kafedjis, die nachlässig auf den Bänken ihrer Butike, der Gäste harrend, herumlungern. Vor dem einen oder andern Laden hängen Turteltauben und Steinhühner in runden Käfigen herab, während auf dem Pflaster abbastardierte, türkische Strassenhunde herumschleichen, namentlich abends, wo sie die menschenleeren Bazars zu ihrem Tummelplatz wählen und sich mit den herausgeworfenen Überresten wohl wenig luxuriösen Orgien hingeben. Da hört man nur das Knurren derselben, wenn sie sich das schmutzige Festin streitig machen, oder dann und wann das Gekrächze der Dohlen, welche auf den hohen Bäumen oder den Minarets ihre raue Stimme ertönen lassen. Sonst herrscht überall die grösste Stille; nur manchmals sieht man gespensterhaft eine weissgekleidete Frau oder einen Mann mit einer Lampe in der Hand dahinschleichen, dann folgt wieder finstere, einsame Nacht, in die nur an mancher Ecke oder vor einer Moschee eine an einem Strick herabhängende Ampel ihr blasses Licht wirft.

Die Einwohner, wohl an 20000, sind in ihrer Mehrzahl Türken und Griechen, eine kleine Anzahl Armenier und Katholiken. Das Volk, seine Sitten und Unterhaltungen haben einen scharf Beobachtenden an Erzherzog Ludwig Salvator, der vortrefflich das Volksleben zu schildern versteht. Der Industrie und dem Handel ist das letzte Kapitel gewidmet, wir erfahren darin eingehend, welche Industriezweige und wie dieselben hier betrieben werden. Die Hauptexportartikel sind Cidi (gefärbter und bedruckter englischer Kattun), die nach Konstantinopel gehen, Seide nach der Türkei und Griechenland, Veilchensirup und lederne Pferdezäume nach Konstantinopel und Lammfelle nach Triest. Eingeführt werden hauptsächlich Stoffe und Quincaillerien. Industrie und Handel stehen ziemlich gut, da man nichts andres zu zahlen hat als die Kopfsteuer je nach dem Wohlstande des betreffenden und dann eine kleine Gemeindesteuer. Von Ladenbesitzern haben bloss diejenigen eine Steuer zu entrichten, welche sich mit dem Verkaufe von Spirituosen und Tabak befassen, die Steuer wird da nach dem Ladenzins bemessen und im Falle der Verkäufer selbst Eigentümer des Ladens ist, wird der Zins von amtswegen geschätzt.“

Das Werk ist mit reizend gezeichneten Abbildungen von der Hand des Erzherzogs versehen und, was er selbst diesbezüglich am Schlusse des Vorwortes sagt:

„Mögen die beigegebenen Skizzen dem blossen Worte zu Hilfe kommen und es mir gelungen sein, von diesem so sonnen- und farbenreichen Bilde wenigstens eine getreue Silhouette wiederzugeben.“

Das ist ihm in diesem Werke vollkommen gelungen.