ERZHERZOG LUDWIG SALVATOR Der Prinz des Mittelmeeres
Druck und Verlag: Heinrich Mercy Sohn , Prag
Erschienen: 1910
Quart, 44 Seiten, Mit 12 fototypierten Tafeln nach Aufnahmen von Antonio Vives.
Beschreibung von der ehemaligen Provinz Dubrovnik vorgelagerten Küsten- und Inselbereiches zwischen den Halbinseln Peljesac und Lapad sowie den Elafiten-Inseln Šipan, Lopud und Kolocep
BUCHBESPRECHUNG AUS „MODERNE ILLUSTRIERTE ZEITUNG FÜR REISE UND SPORT“ – 1911/Heft 6, S. 54 ff. :
Unter den vielen Kanälen, welche längs der Küste, die sich von Fiume bis Ragusa hinzieht, gleichsam die
vom Meere überschwemmten Täler eines einst höheren Küstenlandes sind, ist keiner so anmutig, wie der südlichste derselben — der Kanal von Calamotta. Hier scheint die Senkung eine geringere gewesen zu sein,
so dass die beiden am Anfänge und am Ende des desselben gelegenen Inseln, Sabbioncello und Lapad, als
Halbinseln geblieben sind. Sie schliessen ihn gewissermassen ab und bildeten so einen grossen Teil — wir
wollen sagen — so ziemlich die Hälfte des Gebietes von der einstigen Republik Ragusa, welche es vorzog,
an ihrer nördlichen Grenze, sowie an ihrer südlichen, ein Stück des eigenen Landes der Türkei abzutreten,
um lieber mit den Staaten des Sultans, als mit jenen des Dogen von Venedig zu grenzen. Ein Völkchen,
hauptsächlich dem maritimen Transporte geweiht, waren die Ragusäer nicht abhold, auch den Türken zu dienen, wenn dies zur Förderung ihrer Geschäfte diente. Im Norden Kiek, im Süden die Sutorina, gestatteten beide, türkischen Schiffen in eigenen Gewässern zu ankern, für die benachbarten Venezianer eine ewige Quelle der Unruhe und der Gefahr.
Es lässt sich somit die besondere Wichtig erklären, welche dieser Kanal für Ragusa besass, in welchem sie dank den vielen, sich überall dort darbietenden Häfen nicht bloss ihr kleines Geschwader, sondern auch die zahlreichen, häufig mit wertvoller Ladung beladenen Kauffahrteischiffe mit Sicherheit bergen konnten, denn die südliche Hälfte des ragusäischen Gebietes war nicht bloss dem Feinde weit mehr ausgesetzt, sondern auch — wenn man Ragusa-vecchia überschritten hatte — mit Ausnahme der kleinen Doppeleinbuchtung von Molonta, hafenlos.
Der Kanal von Calamotta — durch eine Reihe von Inseln gegen das äussere Meer geschützt, welche eine unterbrochene Fortsetzung der beiden Halbinseln zwischen denselben sich hinzieht — vereinigt wie vielleicht kein anderer eine ganze Anzahl der vortrefflichsten Ankerplätze. Die Inseln sind drei, ohne die kleineren, in ihrer Nähe gelegenen zu berücksichtigen: im Norden Giuppana, in der Mitte Mezzo und im Süden Calamotta, welche, als die Ragusa benachbarteste, dem Kanal den Namen verlieh. Sie ziehen sich — wenn auch häufig in ihren Schichtungen verschieden — so ziemlich in gleicher Entfernung von der Festlandsküste und lassen zwischen sich und den beiden gegen die dieselben dieselben sich erstreckenden Vorsprüngen der Festlands Festlandsküste vier Mündungen, welche die Gewässer des freien Meeres dem inneren Kanal zuführen. Es sind diese die sogenannte Bocca falsa im Norden, die Bocca di Mezzo zwischen Giuppana und Mezzo, die Bocca di Calamotta zwischen Calamotta und dieser letzteren Insel und die Bocca grande zwischen Calamotta und Lapad oder besser gesagt zwischen Calamotta und den Felsenriffen der Pettini.
Der ganze Grund des Kanals von Calamotta zwischen dem Einschnitt von Stagno und dem Hafen
von Slano wird durch eine Reihe gegen Norden geschützter Einbuchtungen längs der Bai von Valmaestro
gebildet, wo man bequemen, freien und dabei doch sicheren Ankergrund finden kann. Die Ufer und die
Abhänge sind aber kahl und felsig, gleichsam als dem nördlichen Hinterlande gehörig, als wollten sie den Unterschied mit den üppigeren Lehnen des eigentlichen Kanals bezeichnen. Kaum ist man in den schönen,
vollkommen von allen Winden geschützten Hafen von Slano hineingefahren, den eine dünne, von einem
Leuchtturm gekrönte Spitze im Norden und eine felsigere, steilere gegen Süden umschliesst, als sich üppige Oelbaumpflanzungen vom Meere bis hoch hinauf auf die Abhänge hinanziehen.
Viele Abhänge sind auch der Kultur der Rebe gewidmet und nur die obersten, felsigen dem Busch Buschwalde überlassen, der sich namentlich in dem Tälchen hinzieht, wo der Fahrweg, der das Meeresufer verlässt, gegen Ombla zu führt. Die Ortschaft besteht aus Häusergruppen, welche längs der Ufer des Hafens zerstreut liegen. Die grössere Gruppe ist Malfigrande, wo auchein Molo vorhanden ist, an welchem Küstendampfer anzulegen pflegen. Es ist nämlich dort für den Verkehr ziemlich gut gesorgt und die Dampfer dreier Gesellschaften halten dort wöchentlich an; einige derselben sogar mehrmals in der Woche. Ausserdem besorgen Segelbarken den Verkehr mit dem benachbarten Gravosa sowohl für Passagiere, als auch für Waren. In Malfi-grande sind mehrere alte grössere Häuser einstens reicher Ragusäerfamilien, diesen teilweise auch noch heutzutage gehörig, so das eine in unmittelbarer Nähe des Molo im Besitze eines Notars aus Ragusa, mit schöner Palmegruppe in dem dahintergelegenen Garten und üppigen
Orangenbäumen. In Malfigrande ist auch die Pfarrkirche, auf kleinem, ins Meer vortretenden Vorsprung
und mit Kiefern besetzten Plätzchen daneben. Die antikisierende Vorhalle wurde von der Familie Caboga
hinzugefügt, die hier häufig zur Sommerszeit zu wohnen pflegte.
Zum Unterschiede werden die in der inneren Einbuchtung zumeist nahe am Ufer gelegenen Häuser Malfi-
piccolo genannt. Auch hier sind zwei Kirchen, Sant Antonio, dicht am Meeresstrande zur Linken beim
Hineinfahren, das andere oberhalb eines ziemlich grossen schönen Gartens im Grunde der Bucht, der Muttergottes geweiht. Zwischen Mezzo und Giuppana liegt die Haupt Hauptmündung des Kanals, die zumeist von dem von und nach Gravosa fahrenden Dampfer benützt wird, da sie breiter und freier ist wie die Bocca falsa.
Giuppana, die nördlichste der Inseln, bietet eben ebensogut eine kleine, im Süden gelegene Ortschaft San
Giorgio, welche ein sanft ansteigender Weg durch die besonders üppigen Oelbaumpflanzungen mit der eigentlichen Hauptortschaft der Insel Luka verbindet. Die südlichen Teile von Giuppana, namentlich gegen aussen zu, sind dicht mit Kiefern, vielen hohen, stämmigen Bäumen bewachsen und es sind da einzelne prächtige Stellen: jähe Abstürze lichtgrau oder weisslich, andere ins Rostfarbige ziehend, die in grellstem Kontraste zum frischen Grün der Kuppen stehen. Gegen den Kanazu sind dagegen die Lehnen der Insel sanfter mit Buschwerk überwuchert und haben mehrere kleine Inseln vorgelagert. Der ganze linke Abhang des Hafens wird durch Oelbaumpflanzungen von seltener Ueppigkeit eingenommen; am Ufer überrascht eine elegante, aus Stein aufgeführte Villa mit Terrassen und Säulen Säulenreihen, welche dem jetzigen Bürgermeister gehört, der lange in Südamerika wohnte, namentlich in Iquique, von wo er reich zurückkehrte. Er baute sich auch in Ortschaft selbst ein grosses, schönes Haus mit eineKolonnade davor, wo er zu wohnen pflegt. Am Ufer dehnt sich hier eine mit alten Bäumen besetzte Promenade bis nahe zum Landungsmolo aus, wo zweimal des Tages, ja sogar manchmal dreimal die den Verkehr mit den
nahen Häfen, insbesondere mit Gravosa besorgenden Dampfer anlegen.
Erzherzog Ludwig Salvator ist unter den Vielen, die gegenwärtig an dem Ausbau der Mittelmeer- und
Adrialiteratur arbeiten, vielleicht der Interessanteste. Ein feiner, kluger Kopf, ohne Aeusserlichkeiten und Prätensionen.
Den „Felsenfesten von Mallorka“ — einer monographischen Studie, an deren Beschaulichkeit man
erkennt, dass der Autor auf der Baleareninsel selbst seinen Wohnsitz hat — sandte er vor wenigen Monaten
ein universell geschriebenes Essay über den „Kanal von Calamotta“ nach, welches der Prager Verleger
Heinrich Mercy Sohn vornehm ausgestattet hat, und dem wir unseren Aufsatz entnehmen.
Die Redaktion.
Zante, il fior di Levante – eine kleine Reise auf die Ionische Insel Zakynthos, die Ludwig Salvator 1904 einzigartig monografierte.
Das Ludwig-Salvator-Buchdigitalisierungsprojekt in Kooperation mit der Medienagentur Reithofer & Partner.
Im Frühjahr 2015 fand in Palma de Mallorca – Casal Solleric eine umfassende Ausstellung über Leben und Werk des Erzherzogs statt.
Herbert und der Archeduque – die erste deutschsprachige Filmdokumentation über EH Ludwig Salvator (1983).