ERZHERZOG LUDWIG SALVATOR Der Prinz des Mittelmeeres

LUDWIG - SALVATOR - GESELLSCHAFT

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Ca NA MATGINA (CA MADÒ PILLA)

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Abgesehen von der beeindruckenden Naturlandschaft war die Gastfreundschaft das charakteristischste und bei den Besuchern beliebteste Merkmal des erzherzoglichen Miramars. Ludwig Salvator erwarb kurz nach dem Kauf der verfallenen Monastir de Miramar ein in der Umgebung gelegenes Haus namens „Ca na Matgina“ und adaptierte es als Gästehaus, damit es jenen als Unterkunft diente konnte, die Miramar erleben wollten. Dank der Großzügikeit des Erzherzogs wurde den Gästen für drei Tage kostenlose Logis samt „Mundproviant“ (bestehend aus Oliven, Salz und Brot) geboten. In den kalten Monaten zudem Kohle und Holz für ein wärmendes Kaminfeuer. Es war das Haus einer Frau namens Matgina, weshalb es diesen alten Namen trug: „Ca na Matgina“. Schon zu jenen Zeiten bot Matgina Reisenden, die dort vorbeikamen, Muskatwein aus den Weinbergen der s’Estaca an. Ein Enkel von Matgina, Vicenç „de sa Talaia“ [„vom Wachturm“], der Sohn einer der letzten Turmwächter, verbreiterte das Haus und stockte es auf. Als der Erzherzog das Haus von Meister Vicenç kaufte, musste er es nur anpassen, damit es als Gästehaus verwendet werden konnte: „Ich habe alles an dem Haus repariert, das ziemlich geräumig war, und es in ein Gästehaus verwandelt, und aus dem einstigen Stall machte ich einen Speisesaal“

Von Beginn an kümmerte sich eine alte Frau aus Deià um das Gästehaus, die in einem der oberen Häuser namens Ca s’Heura wohnte. Sie war die Wirtin von „Ca na Matgina“ und hielt mit ihrer Energie das Haus über viele Jahre gut instand gehalten. Auch Ludwg Salvators Verwalter Francisco Herreros war sehr zufrieden mit dieser Frau,die den Spitznamen Madò Pilla trug: „Alle Welt scheint sehr glücklich mit ihr zu sein, und meine Frau und ich sind zufrieden, wenn wir sehen, wie sie alles führt und wenn wir die Lobreden der Besucher des Gästehauses hören“. Madò Pilla war als Persönlichkeit ein Aushängeschild von Miramar, und noch heute ist das Hotel, das an der Stelle des Gästehauses steht, bei den Einheimischen als „Ca Madò Pilla“ bekannt. Die legendäre Wirtin starb 1907, im Alter von 98 Jahren. Danach kümmerte sich einer ihrer Enkel bis 1911 um das Gästehaus, anschließend war es im Besitz von Fernando Carrasco aus Palma und Catalina Bauza aus Deià.

Der französische Maler und Schriftsteller Gaston Vuillier, ein Freund Ludwig Salvators, besuchte die Herberge 1888 und beschrieb sie folgendermaßen:  

„Ich fand einen Tisch mit einer weißen Tischdecke vor, Teller mit Blumendekor, Schüsseln, Löffel und Gabeln aus Holz, frisches Wasser, Salz, Oliven, ein Bett, Öl und Feuer; unverzichtbare Dinge. In der Abenddämmerung gab uns eine antike Kupferleuchte mit diversen Schnäbeln und ölgetränkten Dochten eine seltsame Klarheit. Wir traten ein und die Frauen, die für die Gastfreundschaft und für diese Unterkunft verantwortlich waren, empfingen uns lächelnd, fragten nach unseren Wünschen, führten unser Maultier zum Futtertrog und unsere Kutsche in den Unterstand. Für die Armen werden Zwiebeln und Paprika in Öl gekocht und mit ihrem Schwarzbrot gegessen. Andere, die mehr Glück haben, können Geflügel zum Braten geben. Das Bett hingegen ist für alle gleich: schöne weiße Bettlaken und sehr weiche Decken, die im Winter warm sind.“

Zu einem unbekannten Zeitpunkt gab es einen weiteren Umbau, bei dem Ludwig Salvator die Herberge in ein Gebäude, das äußerlich einem orientalischem Märchenpalast aus „1001er Nacht“ glich, verwandelte.  Zu diesem Zweck wurden die ursprünglich sichtbaren Natursteinmauern verputzt und vermutlich mit karminroter Farbe gestrichen. Das oberste Stockwerk wurde erheblich angehoben, mit einem Flachdach versehen und mit schlanken hohen Rundbogenfenstern ausgestattet. Zudem erfolgten ornamentale Verzierungen der Dachkanten mit weiß gefärbten „Pizzi“ im sizilianisch-arabischen Stil (ähnlich jener der bereits 1878 von ihm erbauten „S´Estaca“).

Die Qualität der Gäste verschlechterte sich im Lauf der Zeit. Insbesondere während der durch lange Forschungsreisen bedingten Abwesenheiten des Erzherzogs wurde die kostenfreie Unterkunft zunehmend von vergnügungssüchtigen Gesellschaften aus Palma und weniger gut beleumundeten Personen frequentiert. Noch heutzutage erzählt man sich in Valldemossa, dass der Erzherzog von Zeit zu Zeit Madò Pilla fragte: „Wie geht’s, Madò Pilla, wer ist ins Gästehaus gekommen?“ und sie ihm antwortete: „Viele Huren, mein Herr, viele Huren“. 1908 verfasste Ludwig Salvator – wohl auch in der Absicht, wieder mehr Publikum anzuziehen, das sich für die Naturschönheiten der Gegend interessierte – kleine Ausflugsführer, die er „Winke für den Besucher von Miramar“ oder „Was mancher wissen möchte“ (1909) nannte.

Als der Erzherzog im Oktober 1915 starb, war das Gästehaus immer noch geöffnet. Es musste aber bald danach geschlossen werden, da dessen Erhaltung für die Verlassenschaft zu kostspielig war. Im Jahr 1924 schrieb der Journalist Ferrer i Oliver in der Zeitschrift Majórica: „Das letzte Mal, als ich mich dort aufhielt, ähnelte Ca Madò Pilla einem Friedhof. Ein Schild an der hermetisch verschlossenen Eingangstür achtete darauf, den Spaziergänger fernzuhalten und gab nur folgenden Hinweis: Vorübergehend geschlossen“. 1926 wurde es wiedereröffnet, aber dieses Mal als Hotel. Im „Anuario Soller“ war es wie folgt inseriert: „Altes Gästehaus von Miramar (Valdemossa), geführt von Pedro Estarellas“. 1964 erfolgte im Zuge einer Erweiterung der Zubau eines großen Hotelkomplexes, der unter dem Namen „El Encinar“ firmierte. Nach einer Generalsanierung in den Jahren 2018/19 trägt er nun den Namen „Hotel Bordoy Continental“. Das Gebäude der alten Herberge blieb als (von der Straße gesehen) linker Gebäudeteil erhalten, an den nahtlos der optisch unvorteilhafte Hotelneubau der 60er-Jahre angeschlossen wurde. Im Inneren kann noch der von Ludwig Salvator – vermutlich beim zweiten Umbau –  eingebaute hölzerne Treppenaufgang bewundert werden. Der im Park des Hotels befindliche Felsenmirador bietet wie in alten Zeiten einen prachtvollen Panoramablick auf das erzherzogliche Miramar.